Quibi – Top oder Flop? Alle Infos zum neuen Streaming-Dienst

Jeffrey Katzenberg, langjähriger Hollywood-Produzent und Mitbegründer der neuen, ungewöhnlichen Streaming-Plattform Quibi, war nie um großspurige Worte verlegen. Auch mit seinem neuen Projekt hat er viel vor. So erklärte er dem US-Wirtschaftsmagazin Inc.: „Wir retten zwar keine Menschenleben, aber wenn wir Erfolg haben, machen wir das Leben der Menschen besser.“ Hier erfährst du alle wichtigen Infos zum neuen Streaming-Anbieter Quibi.

Quibi Streaming - Quick Bites

Was ist Quibi? Die Idee hinter dem neuen Streaming-Anbieter

Quibi startete am 6. April. Bei dem Titel handelt es sich um eine Abkürzung von „Quick Bites“, was übersetzt so viel wie „kleine Häppchen“ bedeutet. Gemeint sind damit kurze Serien-Episoden und Reality-TV-Formate, deren Laufzeit jeweils etwa 10 Minuten beträgt.

Vor und hinter der Kamera sind oftmals große Namen zu finden: Blockbuster-Regisseure und Oscar-Preisträger wie Steven Spielberg und Guillermo del Toro produzieren Content für die Plattform. Bekannte Gesichter wie Supermodel Chrissy Teigen, Comedian Kevin Hart sowie Schauspielerinnen und Schauspieler Reese Witherspoon, Bill Murray, Idris Elba, Will Smith, Laura Dern, Naomi Watts und Dwayne ‚The Rock‘ Johnson sollen neue Nutzer anlocken.

Hinzu kommt die Unterstützung von großen Hollywood-Studios, Tech-Konzernen und Finanz-Dienstleister: Disney, NBC Universal, Warner Media, Sony, Viacom und Goldman Sachs gehören zu den prominentesten Unternehmen. Außerdem kann Quibi noch mit Partnerschaften mit Google und T-Mobile aufwarten. Alle diese Geschäfte waren schon unter Dach und Fach, bevor der Streaming-Service überhaupt an den Start ging.

Wer steckt hinter Quibi?

Die Kontakte für ein solches Unterfangen konnte Jeffrey Katzenberg über einen langen Zeitraum aufbauen. Er gilt schließlich einer der große Entrepreneure Hollywoods. Er legte bereits in den 80er Jahre als Disney-Studiochef die Grundsteine, die das Studio heute zu einem der erfolgreichsten Unternehmen in der Entertainmentbranche machen.

Im Jahr 1994 gründete er zusammen mit Meisterregisseur Steven Spielberg und Musik- und Filmproduzent David Geffen ein neues Hollywood-Studio namens DreamWorks und baute deren Animationsabteilung DreamWorks Animation auf, die er später für 3,8 Milliarden Dollar an den Kabelnetzbetreiber Comcast verkaufte. In seinen 50 Jahren im Entertainmentgeschäft produzierte Katzenberg:

  • 406 Spielfilme
  • 41 Animationsfilme
  • 75 Serien fürs Fernsehen
 

Die andere Seite dieser Medaille stellt Meg Whitman dar, mit der Katzenberg Quibi gründete. Die beiden verband schon vorher eine 35jährige Freundschaft. Whitman leitete zuvor eBay und Hewlett Packard. 2010 ließ sie sich für die Wahl zur Gouverneurin von Kalifornien aufstellen, die sie verlor. Den Wahlkampf finanzierte sie allerdings mit 140 Millionen Dollar ihres eigenen Geldes. Nachdem sie Hewlett Packard 2016 verließ, begann sie zusammen mit Katzenberg mit der Gründung des neuen Streaming-Portals. Vor dem Launch im April 2020 sammelten die beiden ein Kapital von 1,78 Milliarden Dollar, um ihr Vorhaben zu finanzieren. Ein enormer Vertrauensvorschuss. 

Quibi Serien und Shows

Was bietet Quibi? Serien und Dokumentationen

Einige Serien des Streamingdienstes kommen bekannt vor. Hierzu gehören unter anderem die Sitcom „Reno 911“, ein Serien-Reboot von „Auf der Flucht“ und eine Adaption des Highschool-Footballfilms „Varsity Blues“. Die Serie „The Most Dangerous Game“, in der ein krebskranker junger Mann als Sport von Millionären gejagt wird, basiert auf eine Kurzgeschichte, die bereits zweimal verfilmt wurde.

Aber auch zahlreiche neue Stoffe finden bei Quibi einen Platz: „Agua Donkeys“ handelt von zwei Poolreinigern, „Dummy“ erzählt die Geschichte einer feministischen Autorin und der Sexpuppe ihres Freundes. Im Drama „Survive“ kämpft Game-of-Thrones-Darstellerin Sophie Turner nach einem Flugzeugabsturz ums Überleben. Steven Spielberg steuert noch eine Horrorserie bei, welche die Zuschauer erst nach Einbruch Dunkelheit sehen können.

Schon im ersten Jahr sollen 175 Formate aus den unterschiedlichsten Genres starten, deren Staffeln jeweils aus 12 bis 14 Episoden bestehen. Das bedeutet, das die Laufzeit einer gesamten Staffel etwa die Laufzeit eines normalen Spielfilms besitzen wird. Das Grundkonzept eine 10minütigen für Zwischendurch ist interessant. Ob es wirklich für eine nachhaltige Serienerfahrung sorgen kann, bei der Zuschauer mit ihren Lieblingsprotagonisten mitfiebern oder mitlachen und vor allem am Ball bleiben, ist dagegen zweifelhaft.

Quibis „Turnstyle“-Funktion - Videos für das Smartphone

Die sogenannte „Turnstyle“-Funktion stellt Quibis zweites Alleinstellungsmerkmal dar. Während der Sichtung einer Episode kannst du jederzeit nahtlos zwischen dem Porträt-Modus zum Landscape-Modus deines Smartphones wechseln. Die einzelnen Serie werden spezifisch für diesen Zweck produziert, sodass du innerhalb der verschiedenen Modi unterschiedliche Kamerawinkel- und -einstellungen sehen kannst. Katzenberg möchte mit dieser Funktion die „dritte Generation des filmischen Erzählens“ einleiten.

Quibi Turnstyle-Funktion Smartphone Videos

Ob das nicht zu hoch gegriffen ist, bleibt abzuwarten. Schließlich kann die Funktion auch sehr störend sein. Insbesondere wer sich nur auf den Serieninhalt konzentrieren möchte, will sich nicht die ganze Zeit fragen, ob ein anderes Format nicht in diesem Moment ein besseres Bild bietet. Die Angst, etwas Wichtiges zu verpassen, das in einem anderen Modus gezeigt wird, entsteht ebenfalls im Hinterkopf. Hinzu kommen Push-Nachrichten von Messengern und anderen Apps, die für Ablenkung sorgen können, wenn du sie nicht abschaltest.

Interessant ist vor allem die Technologie, die dahinter steckt: Quibi sendet dir nämlich zwei Streams parallel zu, einen für den Landscape-Modus und einen anderen für den Porträt-Modus. Der Stream, den du gerade nicht nutzt, wird in einer geringeren Qualität übertragen. Beeindruckend ist, dass keine Pause und kein Buffering oder eine sichtbare Verschlechterung der Bildqualität eintritt, wenn du zwischen den beiden Formaten wechselst. Das heißt aber auch, dass der Streaming-Service eine größere Datenmenge in Anspruch nimmt – etwa bis zu 20 Prozent mehr.

Es gibt allerdings Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken: Du kannst bei der Streaming-Qualität einen datensparenden Modus einstellen. Außerdem gibt es eine Download-Funktion, um die Episoden Offline zu sehen und deine mobilen Daten nicht allzu sehr zu beanspruchen. Quibi stellt dir die Episoden in einer Full-HD-Bildqualität zur Verfügung. Mehr kannst du im Moment aus der App nicht herausholen. 

Mit wie vielen Geräten Quibi gleichzeitig sehen?

Es gibt keine Möglichkeit, weitere Profile für einen Account zu erstellen. Du kannst deinen Account also nicht teilen und die Quibi-Inhalte auf mehreren mobilen Geräten ansehen. Angeblich möchte der Streaming-Service damit eine individuelle User-Erfahrung für dein Smartphone schaffen.

Quibi scheint sich bewusst zu sein, dass zumindest die strenge Phone-only Politik die Seherfahrung eher einschränkt. Nutzer möchten zumindest die Wahl zwischen den verschiedenen Endgeräten haben. Insbesondere im Vergleich zu anderen Streamingdiensten hat sich das Unternehmen mit diesem Alleinstellungsmerkmal wahrscheinlich erst einmal selbst ein Bein gestellt.

CEO Meg Whitman gab in einem Interview mit CNBC jedoch mittlerweile zu verstehen, dass schon allein aufgrund der aktuellen Covid-19-Krise eine TV-Option schon früher möglich sein wird, als ursprünglich geplant.

Quibi kostenlos testen

Ob sich diese Anpassungen rentieren, lässt sich im Moment noch nicht vorhersehen. Die Download-Zahl der App betrug in den ersten 24 Stunden 300.000. Das ist respektabel, aber auch ernüchternd. Das Unternehmen bleibt damit z.B. weit hinter den 4 Millionen Downloads der Disney+ App zurück, was bei einem bekannten Markennamen wie Disney nicht unbedingt überrascht.

Dafür stellt dir Quibi immerhin einen großzügigen Testzeitraum zur Verfügung: 90 Tage kann man Quibi kostenlos testen, um die verschiedenen Serien und Shows anzusehen und sich für oder gegen den Streaming-Dienst zu entscheiden. Das gilt ebenfalls für deutsche Nutzer. Zwar gab es keinen offiziellen Launch für Quibi Deutschland, die Inhalte sind allerdings auch für europäische Länder zugänglich.

Nach dem großzügigen Testzeitraum, können US-Nutzer zwischen einer Variante mit Werbeeinblendungen für 4,99 Dollar und einer Option ohne Werbung für 7,99 Dollar pro Monat wählen.

Deutsche User müssen dagegen immer ein werbefreies Abonnement für 8,99 Euro abschließen. Lade dazu einfach die Quibi App herunter, gibt deine E-Mail-Adresse an und leg ein Passwort fest. Anschließend fragt dich die App nur noch nach deinem Geschlecht und schon kannst du loslegen.

Quibi Kosten - Gründer Katzenberg bleibt optimistisch

Die Quibi Kosten sind also vergleichsweise hoch für eine Plattform, die man zumindest bis jetzt nur auf dem Smartphone verwenden kann. Trotz verhaltener Branchen- und Nutzerreaktionen bleibt Katzenberg optimistisch. Er ist davon überzeugt, dass vor allem die Qualität des Contents neue User überzeugen wird.

In einem Interview mit dem Branchenpodcast „The Business“ erläuterte Katzenberg: „Wir werden an unseren Erfolgen erst nach Monaten und Jahren gemessen werden können, nicht schon nach Tagen und Wochen. Ich befand mich noch nie in einer Lage, in der ich mit großartigem Content gescheitert bin.“